Das HAU Hebbel am Ufer fragt mit “Utopische Realitäten – 100 Jahre Gegenwart mit Alexandra Kollontai“ nach der Aktualität politischer und künstlerischer Entwicklungen, die nach den Russischen Revolutionen 1917 für wenige Jahre möglich geworden waren. Sie setzte utopisches Denken frei, indem sie es von einem fernen Traum in den Wirkungsbereich des Alltags holte. Es wurde begonnen, eine neue Welt zu schaffen, doch das Potenzial des politischen Umbruchs wendete sich im Stalinismus schon wenige Jahre nach dem Umsturz in sein Gegenteil.
Welche Bedeutungen haben die damaligen Utopien und erscheinen viele dieser vergangenen Ideen nicht auch im Heute noch zukünftig? Im Rahmen des vierjährigen Projekts “100 Jahre Gegenwart” des Haus der Kulturen der Welt produziert das HAU mit internationalen Künstler*innen vier neue Produktionen, zwei unterschiedliche Gesprächsformate, ein Musikprogramm und Installationen, die durch den Blick zurück den Abstand zur Vergangenheit vermessen, um die gegenwärtige Gesellschaft in ihrer politischen Form zu verstehen und eigene Positionierungen zu aktualisieren. Die Arbeit, die Schriften und das Leben von Alexandra Kollontai (1872–1952) sind hier produktive Inspiration. Die sowjetische Revolutionärin und Feministin machte den Körper, die Liebe und die Sexualität zum politischen Thema und entwickelte neue Modelle der Familien- und Erziehungspolitik.
Begleitend zum Festival “Utopische Realitäten – 100 Jahre Gegenwart mit Alexandra Kollontai“ ist eine neue Ausgabe der HAU Publikationsreihe erschienen. Darin Texte der Künstler*innen Marina Davydova, Vera Martynov, Simone Aughterlony und Jen Rosenblit, ein einführender Text der HAU Intendantin Annemie Vanackere, Gespräche mit Lina Majdalanie, Mariano Pensotti und Vlatka Horvat und Texte von Gisela Notz und Alex Demirović.