Fast immer, wenn in Berlin von Verdrängung gesprochen wird, fällt irgendwann der Satz “Und dann kam der neue Eigentümer.“ Der Sozialwissenschaftler Andrej Holm fasst den Status quo des Berliner Wohnungsmarktes zusammen – eine Geschichte, in der es bislang viel zu oft um Privatisierung, Gentrifizierung und Neoliberalismus ging, viel zu selten aber um die Bewohner*innen selbst. Ob die Forderungen der Mieter*innenverbänden schließlich doch noch zu einem Happy End führen?
Seit Jahren kennen die Mieten in Berlin nur eine Richtung: nach oben. Aufwertung und Verdrängung beschränken sich dabei nicht mehr auf hippe und angesagte Nachbarschaften, sondern haben weite Teile der Stadt erfasst. Gentrifizierung ist zur Regel geworden und Mietsteigerungen lassen sich nicht mehr auf kulturelle Aufwertungen und veränderte Lebensstile in einzelnen Stadtteilen zurückführen. Wer nicht zahlen kann, hat kaum noch eine Chance auf eine Wohnung in Berlin. Kein Wunder also, dass Mieter*inneninitiativen und inzwischen weit über 100 Hausgemeinschaften versuchen, ihr Recht auf Wohnen zu verteidigen und eine Sozialisierung der Wohnungsversorgung vorschlagen. Immobilienlobby und Teile der Politik kennen nur eine Lösung und setzen auf „bauen, bauen, bauen!“. Doch die steigenden Mieten im Bestand, die Verdrängung durch Modernisierungsankündigungen und Umwandlungen in Eigentumswohnungen sind nicht allein durch den Wohnungsmangel zu erklären und leistbare Mieten für Haushalte mit weniger Geld werden nicht durch die unsichtbare Hand des Marktes entstehen, sondern müssen durch Mietschutz erhalten und durch die Ausweitung des gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbestandes aktiv geschaffen werden.
Ertragserwartungsspekulation
Die letzten zehn Jahre zeigen, warum sich Investor*innen über die Veränderungen in Berlin freuen dürfen: Steigende Mieterträge, immer höhere Verkaufsgewinne und ein boomender Grundstücksmarkt haben den Berliner Wohnungsmarkt in eine Goldgrube für anlagesuchendes Kapital verwandelt. Allein zwischen 2008 und 2018 sind die durchschnittlichen Bestandsmieten – also die Mietpreise in Wohnungen mit alten Mietverträgen – um 37 Prozent (von 4,79 €/m² auf 6,56 €/m²) gestiegen. Insbesondere für Haushalte mit geringen Einkommen sind diese Mietentwicklungen mit einem deutlichen Anstieg der Mietkostenbelastung verbunden. Schon jetzt liegt die mittlere Mietkostenbelastung in Berlin bei 32 Prozent – als leistbar gelten Wohnungen, wenn die Bruttowarmmiete 30 Prozent des Einkommens nicht übersteigt. Für die Hälfte aller Berliner Haushalte sind also schon die vergleichsweise günstigen Bestandsmieten zu teuer.