Seit einigen Jahren lässt sich ein grundlegender Wandel in der Arbeitsweise vieler politisch und sozial engagierter Künstler beobachten: weg von temporären, prekären Kunstprojekten hin zu langfristigen Strukturen der Einmischung in Form von Organisationen und Institutionen. Die verheerenden Wirtschaftskrisen, die globale Erosion von Grundrechten durch den sogenannten “War on Terror”, das Wiedererstarken sozialer Bewegungen und die gravierenden politischen Umwälzungen in vielen Ländern und Gesellschaften haben den dringenden Wunsch nach einem anderen, nachhaltigeren Modell künstlerischer Aktivität geweckt. Dieser Wechsel vom Arbeitsmodell des Projektes hin zur Organisation reduziert künstlerisches Engagement nicht mehr auf die singuläre Figur des Autors. Sie erweitert Handlungsräume und Einflussmöglichkeiten – beispielsweise durch neue Methoden der Vermittlung von Bildungsinhalten, durch neuartige Strukturen, in denen sich Gemeinschaft herstellt, durch außerparlamentarische Gruppen, Befreiungsbewegungen, Gewerkschaften oder gar politische Parteien.
Der dreitägige Kongress “Artist Organisations International (AOI)” bringt erstmals über zwanzig von Künstlern gegründete Organisationen zusammen, die sich mit den gegenwärtigen Krisen in Politik, Wirtschaft, Bildung, Migration und Umwelt auseinandersetzen. Vorträge und Diskussionen geben einen konkreten Einblick in ihre Methoden, Profile und Ziele. Während manche Protagonisten das Konzept der Organisation oder Institution vor allem als künstlerische Form (oder vielleicht als Metapher) bearbeiten, ist für andere die organisatorische Struktur ein notwendiges Mittel, um spezifische politische Ziele zu erreichen.
Alle eingeladenen Gruppierungen operieren tatsächlich als Organisationen. Oft aber sind sie selbst Kunstwerke oder nutzen die Möglichkeit von Kunst, indem sie symbolische Praxis mit strukturellen Effekten verbinden. “Artist Organisations International” stellt eine Reihe solcher Strategien als Formen des Widerstandes, der Emanzipation und der “(Self)-Governance” vor und sucht neue Allianzen, die Bindungen und die Zusammenarbeit verschiedener Künstlerorganisationen in aller Welt stärken.
Unter www.artistorganisations.org wird der gesamte Kongress auch per Live-Stream ins Internet übertragen. Für Kommentare auf Twitter gibt es den Hashtag #AOI.
Alle Veranstaltungen auf Englisch.
Mit:
N.N. / Artists of Rojava (on video)
Mazou Ibrahim Touré & Moussa Ag Assarid / Artist Association of Azawad
Marina Naprushkina / Büro für Antipropaganda
Dmitry Vilensky / Chto Delat
Lisa Ito / Concerned Artists of the Philippines (CAP)
Lorenzo Pezzani / Forensic Architecture
Federico Zukerfeld / Grupo Etcétera
Natascha Sadr Haghighian / Gulf Labor
Sonja Augart, Tatjana Fell, Alice Münch, Ina Wudtke & Inga Zimprich / Haben und Brauchen
Lada Nakonechna / HudRada & ISTM
Tania Bruguera / Immigrant Movement International (IM) (on the phone)
Renzo Martens / Institute for Human Activities (IHA)
Milo Rau / International Institute of Political Murder (IIPM)
Yael Bartana, Susanne Sachsse & Walter Solon / Jewish Renaissance Movement in Poland (JRMiP)
John Jordan / The Laboratory of Insurrectionary Imagination (labofii)
Jan Ritsema / Performing Arts Forum (PAF)
Matthijs de Bruijne / Schoon Genoeg!
Emily Fahlén & Ahmet Öğüt / The Silent University
Hannah Rosa Öllinger & Manfred Rainer / WochenKlausur
Fabian Eggers, John Kurtz & André Leipold / Zentrum für Politische Schönheit (ZPS)
Moderation:
Ekaterina Degot, Charles Esche, Vincent W.J. van Gerven Oei, Maria Hlavajova, Matteo Lucchetti, Margarita Tsomou
Respondents:
Ulf Aminde, Libia Castro, Galit Eilat, Christoph Gurk, Alex Karschnia, Urok Shirhan