12.–21.4. / HAU1
Die “Vessel of Love” bildet das Herzstück des Festivals “Love is a Verb”. Im Sinne von Ursula K. Le Guins’ “Tragetaschentheorie” (“Carrier Bag Theory of Fiction”) – die sich auf wie in einem Tragetuch gesammelte Erzählungen fokussiert und so einen Gegenentwurf zu historisch männlich dominierten Heldengeschichten bildet – wird das HAU1 zu einem “Gefäß”: In verschiedenen Formaten wie Konzerten, Performances, Lectures und Gesprächen werden in der Vessel vielstimmige Ideen über transformative Beziehungsweisen geteilt, diskutiert, imaginiert und zelebriert. Die Gestaltung der Vessel of Love ist flexibel-funktional und folgt den jeweiligen künstlerischen Formaten. Findet man zur Eröffnung mit A Song For You und Jumoke Adeyanju (12.4.) sowie beim Konzert von Ivo Dimchev (16.4.) einen offenen Publikumsraum ohne Sitzmöglichkeiten, verwandelt sich dieser an anderen Tagen in ein intimes kokonartiges Obdach. Die Textilkünstlerin Diane Esnault und der Szenograph und Lichtdesigner Shaly López orientierten sich in der Entwicklung des Raumkonzepts an “conversation pits” (Konversationsgruben) – Sitzgelegenheiten, die in einen vertieften Abschnitt des Bodens integriert werden und vor allem in den 1960er- und 70er-Jahren als besonderes architektonisches Merkmal in großen Wohnräumen gefeiert wurden. Im Zentrum des Raumes durchbrechen mit gesteppten Textilien bezogene und mit Schaumstoff unterfütterte Sitzinseln die Frontalität der Bühne, um Gesprächsrunden, Lesungen und Lectures auf eine gemeinschaftliche Ebene des Austausches zu bringen. In die Textilien sind sanfte Liebesworte eingenäht, während organische Designs in pastelligen und beruhigenden Tönen eine Ode an die Zärtlichkeit zum Ausdruck bringen. Um die Sitzinseln gereiht sind bergförmige, bauschige Sitzlehnen: Ein Archipel, in dem jede Insel dazu einlädt, den Raum zu teilen, ins Gespräch zu kommen und miteinander zu verweilen.
In der Wahl der Farbpalette ließen Esnault und López sich von den in der Vessel of Love inszenierten Arbeiten der Textilkünstlerin Sophie Utikal inspirieren. Die Textilarbeiten sind szenografische Elemente, welche der Arbeit “Full Melt Down” der Choreografin Claire Lefèvre entliehen sind. Mittels Bildern, die man ertasten, streicheln oder hinter denen man sich verstecken kann, bilden Sophie Utikals Arbeiten sowohl einen physischen als auch einen metaphorischen Ort. Es entsteht ein textiler Raum voller Intimität und Weichheit – in dem Sanftheit zu einer Methode, einem Thema und einem Portal wird.
Auch an der Außenfassade des HAU1 und HAU2 finden sich Arbeiten von Sophie Utikal. Es sind Drucke von Textilarbeiten aus der Serie “There is no Seperation” in Form von Fahnen und einem großen Banner. Auf ihnen sind Frauen zu sehen: In Gruppen, einzeln oder zu zweit.
“Auch wenn eine der Frauen allein auf einem Stück Stoff lebt, gehören sie alle zusammen. Ob ich damit nun verschiedene Menschen meine, oder mich selbst in der Vielfalt und Widersprüchlichkeit meiner Selbst, ist eigentlich nicht so wichtig. Es geht um die Begegnung im Miteinander, mit sich und der Umgebung.” (Sophie Utikal)
Sophie Utikal beschäftigt sich in ihren Arbeiten stets mit der Handlungsmacht von Women of Colour, mit Körpern, Migrationserfahrungen, multiplen Zugehörigkeiten und daraus resultierenden Widersprüchen. Die Künstlerin schafft traumähnliche Szenen und Landschaften auf Textilien, die kollektive Empowerment-Rituale, Praktiken der Fürsorge sowie imaginäre zukünftige Transformationen des Lebens auf der Erde adressieren.
Neben diesen künstlerischen Positionen finden Sie an ausgewählten Tagen in den Foyers der Vessel of Love auch allapopps performatives Augmented-Reality-Projekt “Hyperlove”, einen Pop-up-Store von Other Nature, einen Büchertisch von Die Buchkönigin oder Ordadek sowie die Stick-Station von Tatreez Berlin.