Das Recht darauf, in Erscheinung zu treten, mag uns seltsam und unverständlich vorkommen, als etwas Selbstverständliches und Offensichtliches – fast, als würden wir über Geister und Horrorhäuser sprechen. Aber es handelt sich um einen konkreten Kampf in der Geschichte und auch noch heute präsent: Als Frauen und Queers, als von Rassismus betroffene, arme, migrantische und weitere Personen stellen wir uns dem Kampf dafür, im öffentlichen Raum in Erscheinung treten zu können, dem Kampf für das Recht auf Existenz und auf ein Leben ohne Gewalt. Doch wir haben schon gesehen, wie öffentliche und staatliche Formen der Politik und die koloniale und patriarchale Kultur ein System geschaffen, gestützt und ausgeübt haben, das dieses Recht angreift. Es ist ein System, das direkte Anschläge auf unsere Leben begeht.
Bei diesem Gedanken hilft uns die Strömung des Posthumanismus aus feministischer Perspektive weiter: Die Idee, dass historisch gesehen alle Identitäten und Subjektivitäten, die nicht der hegemonialen Männlichkeit entsprechen – wir nennen sie “hegemonial”, weil Männlichkeiten divers sind – als nicht menschlich oder zumindest bis heute als weniger menschlich angesehen wurden. Das gilt auch für all jene historisch feminisierten Körperlichkeiten. Die Feminisierung verstehen wir hier nicht als das der Frau Zugehörige oder Eigene, sondern als jenes, das sich dadurch definiert, dass es nicht dieser hegemonialen Männlichkeit entspricht. Nicht menschlich zu sein bedeutet (und es lohnt sich, das zu wiederholen), keine Menschlichkeit und damit auch keine Menschenrechte zu besitzen. Es bedeutet, so viel wert zu sein wie etwas anderes, ähnlich den Tieren; den Pflanzen; allem, was nach Ansicht der Mächtigen, die darüber bestimmen, nicht den Wert und die Fürsorge eines Menschen verdient.
Der Kampf dafür, in Erscheinung zu treten, ist auch der Kampf dafür, erklären zu können, dass wir das Recht auf eine Stimme haben; darauf, uns einzeln und kollektiv zu äußern, vor den Augen aller in Erscheinung zu treten, ohne dabei etwas zu riskieren. Es geht auch darum, dass wir ein Recht auf Existenz haben, selbst wenn uns die Gefahr und die Bestrafung im Nacken sitzen. Es geht darum, uns nicht als unmenschlich oder weniger menschlich, sondern als postmenschlich zu begreifen. Noch weiterzugehen und uns zum Kom-Post zu erklären, wie jene organischen Abfälle, die laut Donna Haraway nur gemeinsam aus dem Tod wieder Leben schaffen können. Uns als eine Andersartigkeit zu verstehen; als anderes Ding; als etwas, das sich den Logiken des Unterdrückers, des Kolonialherren, des Patriarchen weder anpassen will noch muss. Es geht darum, in unserem Code zu sprechen, mit neuen Sprachen, um kollektive Realitäten zu verändern. Bis dahin werden sie weiterhin für uns sprechen, werden sie sich manchmal sogar dafür entschuldigen, es aber deswegen dennoch nicht lassen. Denn sie ertragen nicht, dass ihnen die Wörter wie pseudobewusstes Geschwätz aus dem Mund gerissen werden. Gleichzeitig werden wir Frauen und Queers weiterhin dafür kämpfen, auch in Zukunft in Erscheinung zu treten – aber nach unseren eigenen Regeln.