Seit vielen Jahren begleitet das HAU Hebbel am Ufer die Arbeiten von Simone Aughterlony. Ihre Affinität zu Temporalitäten, die eine sensible und sinnliche Beziehung zur Materialität des Körpers ermöglichen, eröffnet den Zugang zu bislang unbekannten Formen von Intimität. Ihre Arbeiten setzen sich spielerisch mit der Frage der Repräsentation und deren Grenzen auseinander und lassen sich selten in eine Kategorie einordnen: Die Kombination aus Bewegung, Bildern und Texten entspricht den Wandlungsprozessen innerhalb ihrer multiplen Rolle als Choreografin, Autorin, Regisseurin und Darstellerin. In den letzten fünf Jahren entwickelte Simone Aughterlony unter anderem die hier erneut präsentierten drei Duette, die sich auf den Körper konzentrieren, auf seine Materialität aus Fleisch und Blut, Post Mortem und im Hinblick auf eine (un)mögliche Zukunft.
In “Show and Tell“ (2013) vermessen die Performer*innen als Geschichtenerzähler*innen und Showstars einen Körper, der nie einfach nur gegeben oder anwesend ist, sondern vor allem in den Momenten des Zusammenbruchs in unser Bewusstsein tritt. Dieser Körper ist stiller Protagonist, der imaginäre Dritte in diesem Duett. Seine Biografie schreibt sich in Formen von Krankheiten und Narben in ihn ein. Er blutet und heilt, wächst und zerfällt – spektakulär authentisch. Oder wirklich fantastisch?
“After Life” (2013) ist das zweite Duett, das die Biografie des Körpers durch existentielle Stadien sichtbar macht. Nic Lloyd und Simone Aughterlony befragen zusammen, wie sich zeitgenössische Körperkonzepte zu unseren Träumereien verhalten, die dem Körper eine Ausdehnung über das Leben hinaus wünschen. Physisch durchlaufen sie Stadien des Zerfalls, in der Hoffnung, eine erweiterte Geschichte des Körpers wiedergeben zu können.
In “Biofiction” (2016) finden sich Reststücke der beiden ersten Werke von “The Biofiction Trilogy” – die grellrosa, fleischigen Kulissen, das Holzwerkzeug, das Seil, das verwebt wird, die natürliche und künstliche Vermengung von Flüssigkeiten und Materialien. Die Narration einer Sexualität, die es noch nicht gibt, sorgt für anhaltende Neugierde, stellt sich gegen Konventionen, gegen Zuordnungen, und schafft aus der choreografischen Arbeit eine anhaltende Praxis von Weltenbau. Was findet hier statt: Bewegungsrecherche, Musiklabor oder postpornographische Spaßpraxis? Die Präsentation der gesamten “Biofiction Trilogy” ist sowohl für die Performer*innen als auch das Publikum ein großes Erlebnis.
Zahlreich sind die Querbezüge der Arbeiten aufeinander, die Farbe rosa ist immer präsent, von einem ständig mitwandernden aber sich verändernden Hintergrund des Bühnenbilds bis hin zu den Körpern. Während der Werkschau zeigt das HAU “Show and Tell”, “After Life” und “Biofiction”; am Samstag zudem in einem Marathon, der begleitet wird von einer Gesprächsreihe zu den Themen der Trilogie.
Termine
- Vergangene Termine
- Do 12.1.2017, 10:00 /
- Do 30.6.2022, 16:00 / HAU3 Houseclub