“Biofiction“ ist eine Lovestory mit vielen Akteur:innen, eine seltsame Lichtung in der Wildnis, pulsierende Nahaufnahmen menschlicher und nichtmenschlicher Assemblagen. Aus dem ernsthaften Spiel mit “vibrant matter“ entstand ein choreographisches Gedicht, das sorgsam, hemmungslos libidinös daherkommt.
Hier finden sich Reststücke der beiden ersten Werke in “The Biofiction Trilogy“ – die grellrosa, fleischigen Kulissen, das Holzwerkzeug, das Seil, das verwebt wird, die natürliche und künstliche Vermengung von Flüssigkeiten und Materialien. “Biofiction“ schafft ein neues, horizontales Terrain, einen Raum für eine Vielzahl von Akteur:innen ohne ontologische Hierarchisierung. Was unter anderen Umständen wenig inspirierend erscheint, wird hier behutsam, mit irrationaler Liebe zur Stofflichkeit, auf seine sinnlichen und besonderen Eigenheiten hin untersucht. Der intime Austausch, der Tanz als Auffächerung von Arbeit, Lustbarkeit, Kohabitation und schlichtem “Beieinandersein“, verweigert sich der normativen Dichotomie von Natur/Kultur, Männlich/Weiblich, und so weiter.
Die Neuorientierung und Reklassifizierung der Sinne generiert ein queeres Bewusstsein und schafft eine Landschaft, die sowohl gegenwärtig als auch utopisch ist. Wir sehen Stereotypien und Prototypen, wir erkennen Verwechslungen und freuen uns an ihnen, vielleicht lachen wir sogar, ohne es zu wollen. Biofiction als Narration einer Sexualität, die es noch nicht gibt, sorgt für anhaltende Neugierde, stellt sich gegen Konventionen, gegen Zuordnungen, und schafft aus der choreographischen Arbeit eine anhaltende Praxis von Weltenbau.
Was findet hier statt: Bewegungsrecherche, Musiklabor oder postpornographische Spaßpraxis? Jenseits der Assoziationen geraten Körper und ihre Begleitmaterialien in einen Austausch, der nicht mehr unterscheidet zwischen aufgeregt sein, aufregend sein und gemeinsamer Erregung.
Im Anschluss an die Vorstellung am 17.4.: Artist Talk mit Bettina Knaup, Simone Aughterlony, Petra Hrašćanec, Hahn Rowe und Jen Rosenblit.