Bernard-Marie Koltès’ Stück “In der Einsamkeit der Baumwollfelder” von 1985 könnte eine Begegnung zwischen einem Blues-Musiker und einem Punk sein. Das Stück ist eine Studie merkantiler Aktivitäten und nächtlicher Transaktionen beim Cruising. Darüber hinaus ist es eine Auseinandersetzung mit der Fähigkeit der Menschen, einander zu verstehen.
Die Arbeiten von Adam Linder präsentiert das HAU Hebbel am Ufer regelmäßig. Sein neues Stück – inspiriert von Koltès' Beschäftigung mit dem “Deal” – ist eine Oper mit einer Komposition von Ethan Braun und einem Bühnenbild von Shahryar Nashat. “The WANT” ist ein Austausch von vier Performer:innen, die ein Libretto mit zahlreichen Texteinwürfen von Jacques Derrida bis Missy Elliott singen. Linder beschäftigt sich mit der Funktion der Sprache als Droge, die dem Selbst die Tür zwischen rationaler Vernunft und ekstatischem Ausdruck öffnet. Besteht nicht eine Parallele zwischen zu Musik gewordener Sprache und der Dynamik gewisser Märkte? Die Sänger:innen, Schauspieler:innen und Tänzer:innen Jess Gadani, Justin F. Kennedy, Jasmine Orpilla und Roger Sala Reyner sind “Anbietende” und “Angebotsempfangende” und verkörpern so mit virtuoser Performativität archetypisch das kaufmännische Europa und die spirituelle Tradition dieser Figur: ein andauernder Handel zwischen einem reflexiven Geist und einem sinnlichen Wesen.
Im Anschluss an die Vorstellung am 15.12. findet ein Artist Talk mit Adam Linder, Ethan Braun und Alexandra Holtsch statt.