3hd 2020: Crisis Management

Joanna Pope & Steph Holl-Trieu | Rory Pilgrim

  • Dialog
  • Musik
  • Performance
Englisch /  90 Min.

Als Teil des reduzierten, doch miteinander verbundenen Wochenprogramms des 3hd-Festivals “UNHUMANITY” ist “Crisis Management” der zweite von zwei Performanceabenden und beschäftigt sich im Einklang mit der diesjährigen Themensetzung mit dem Übergang aus einer alten Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft. Die Veranstaltung am 7. November greift das diesjährige, zeitlich ausgedehnte und dezentrale Programm von 3hd auf (das sich seit August rund um den Globus erstreckt), indem in ihr lebendige und technische Akteur:innen als gleichberechtigte Partner:innen anerkannt werden und dem Publikum ein neues Modell einer speziesübergreifenden Gemeinschaft nahegebracht wird. Zwei spielerische, mehrdimensionale Produktionen mit den höchst komplexen, vielschichtigen und verwickelten Fragestellungen und Bedenken rund um große Themen wie Degrowth und Decentralization, kritischer Ökologie und Klimawandel. Die beiden Teile sind online zu erleben und münden in den notwendigen kollektiven Versuch, unsere gemeinsame Zukunft in einer Zeit der Krise zu gestalten.

Joanna Pope und Steph Holl-Trieu präsentieren mit “General Intellect” eine kollaborative Soundperformance, einen politischen Kompass, der durch melodische Weltbildung und verpixelte fiktionale Elemente gestört wird, begleitet von Originalmusik von Pope, Kurzprosa von Holl-Trieu und Visuals des Künstlers und Illustrators Sam Lubicz. Die für 3hd entstandene audiovisuelle Performance verbindet Kunst und Theorie: Surrende Drohnen werfen Wochenrationen solargetriebener GVO-Beeren ab und Lithium-Flüsse strömen mehr tot als lebendig durch Ihre Gehirne – Achtung, nicht stürzen, während Sie vollgestopft mit Algo-Stereoiden durch diese Real-Life-Fantasie laufen!

Rory Pilgrims “The Undercurrent” ist ein ähnlich mehrdimensionales Projekt und besteht aus dem Film “The Undercurrent” – für die Dauer der “UNHUMANITY”-Festivaltage online abrufbar – und einer Performance. Mittels Musik beschäftigt sich der Film des interdisziplinär arbeitenden Künstlers mit dringenden aktuellen Fragen und formuliert ein Statement zum Zeitalter der Klimakrise. In ihm werden Kunst, Aktivismus und Spiritualität verbunden, zugleich beschäftigt er sich mit Gemeinschaftsbildung auf lokaler und globaler Ebene, online wie offline. Der Film wurde mit zehn jungen Klimaaktivist:innen in Boise, Idaho, und benachbarten Städten gedreht und wird nun von Pilgrim durch einen dreitägigen “Undercurrent Laboratory”-Online-Workshop am HAU ergänzt, in dem der Frage nachgegangen wird, wie wir gemeinschaftlich auf das Problem des rapide wärmer werdenden Planeten reagieren können. Die Abschlussveranstaltung umfasst eine Performance der Teilnehmer:innen des Workshops, außerdem ein Streicherquartett (Alice Colley, Esther López González, Eurico Ferreira Mathias und Fatmanur Sahin) und Gesang von Ezra Hampikian. Die Künstlerin Declan Rowe John aus Idaho und weitere Aktivist:innen werden live zugeschaltet.

 

Joanna Pope beschäftigt sich als Forscherin insbesondere mit Degrowth und kritischer Ökologie. Sie ist Mitglied der Berliner Brutstätte für Plattformgestaltung und utopische Verschwörung Trust, zudem arbeitet sie als Redakteurin und Forscherin bei dem wissens-indexierenden und kuratierenden Projekt The Syllabus. Als Musikerin hat sie 2019 auf TT ihre Debüt-EP “Fantasias for Lock-In” herausgebracht.

Steph Holl-Trieu interessiert sich als Forscher für die Überlappungen und die Abweichungen zwischen Medientheorie, symbiotischer Biologie und historischem Materialismus. Holl-Trieu ist Kurator des Projektraums Ashley Berlin und Mitglied des Research Institute for Technical Aesthetics (RITA).

Pope und Holl-Trieu arbeiten zusammen, seit sie sich als Forschungsstipendiaten bei Trust trafen und gemeinsam eine live gestreamte Wissens-Gameshow moderierten.

Sam Lubicz wurde in Los Angeles geboren und lebt heute als Künstler und Illustrator in Berlin. In seinen Collagen erkundet er mit neugierigem Pessimismus dystopische Vorstellungen einer nicht allzu fernen Zukunft.

Rory Pilgrim nutzt eine breite Palette künstlerischer Ausdrucksformen wie Songwriting, Komposition, Film, Musikvideo, Text, Zeichnung und Liveauftritte. Der Bristoler Künstler befasst sich insbesondere mit emanzipatorischen Fragen und hinterfragt die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und sprechen, einander zuhören und nach sozialem Wandel streben, indem wir unseren persönlichen Erfahrungen Ausdruck verleihen und sie so teilen. Pilgrim wurde entscheidend durch die Ursprünge der aktivistischen, feministischen und sozial engagierten Kunst beeinflusst und arbeitet auf Grundlage von Dialog und Gemeinschaft mit verschiedenen Partner:innen – oft in Workshops – zusammen. In einer Zeit zunehmend technologisch vermittelter Kontakte verbindet er in seiner Arbeit Aktivismus, Spiritualität und Musik mit der Art und Weise, wie wir lokal und global, vor unseren Bildschirmen und jenseits davon Gemeinschaft herstellen. Pilgrim erhielt 2019 den Prix de Rome und hatte zuletzt Soloausstellungen unter anderem im Badischen Kunstverein, Karlsruhe (2020), im Between Bridges, Berlin (2019), der Galerie Andriesse-Eyck, Amsterdam (2018), der South London Gallery (2018) und dem Flat Time House (2016).

Termine

Vergangen
Sa 7.11.2020, 20:00 / HAU4

Credits

Kuration und Organisation: Creamcake. In Zusammenarbeit mit: HAU Hebbel am Ufer. Gefördert durch: Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

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