Ein Roma-Junge sieht nicht aus wie seine Familie. Er wird mit einer anderen Hautfarbe als seine Geschwister geboren. Die Verleugnung seiner Herkunft überschattet seine gesamte Kindheit. In der Anonymität der Stadt beginnt er ein neues Leben und versucht, sein Glück zu finden. Ab hier könnte die Geschichte des ungarischen Regisseurs Kornél Mundruczó in ein Paradebeispiel sozialer Etablierung münden. “Látszatélet” jedoch beschreibt, wie das neue Leben allmählich von Selbsthass erstickt wird. Der Protagonist fasst einen tragischen Entschluss. Mundruczó entwickelt diese neue Inszenierung mit seiner Gruppe Proton Theatre vor dem Hintergrund eines aktenkundigen Falls der Budapester Polizei: Im Mai 2005 wurde ein junger Rom in einem Bus mit einem Schwert attackiert. Der Aufruhr in den Medien war groß. Die Bevölkerung demonstrierte gegen Rassismus. Wie sich herausstellte, war der Täter Mitglied einer rechtsextremen Gruppierung und wie sein Opfer: ein Rom. Die Produktionen des Regisseurs wagen einen schonungslosen Blick auf die Realität Ungarns und sind zugleich der kraftvolle Widerspruch eines Künstlers, der sich nicht mit dieser abfinden will. Nach “Schande” (2012) und “Dementia, or the Day of My Great Happiness” (2014) kehrt Mundruczó nun zurück ins HAU. “Es ist ein grandioser Abend, an dem sich die von Gewalt und Lautstärke geprägte Handschrift Mundruczós erstmals subtiler zeigt. Ohne aber an Kraft zu verlieren.” (Margarete Affenzeller, der Standard, 22.5.2016)