Núria Güell & Shahram Khosravi

Interpellation versus representation? & Prosopagnosia / Zwei Vorträge und ein Dialog

  • Dialog
Englisch /  60 Minuten

Im Anschluss an zwei Kurzvorträge, in denen die Performancekünstlerin Núria Güell und der Ethnologe Shahram Khosravi in ihre Arbeit einführen, treten sie in einen Dialog über den menschlichen Körper unter den Bedingungen der Migration.

Interpellation Versus Representation?
Vortrag von Núria Güell

Was lässt sich dagegen tun, dass die Darstellung von Menschen, die unter gesellschaftlicher und politischer Gewalt leiden, auf “gute”, menschenfreundliche Absichten reduziert wird? Bietet die Möglichkeit der Interpellation gegenüber der Repräsentation neue Perspektiven, um dieses Problem anzugehen? Wie vermag die Kunst ein subversives Potenzial zu wecken, mit dem das, an das wir uns gewöhnt haben, wieder de-normalisiert wird? Wie können neue Bündnisse und Kooperationen der diskursiven oder politischen Instrumentalisierung dieser Phänomene entgegenwirken? Wie können kulturelle Institutionen sich aufrichtig der Realität stellen, wenn das bedeutet, über das moralisch Akzeptierte hinauszugehen?

Das sind einige der Fragen, mit denen sich die Künstlerin Núria Güell in ihrer Arbeit beschäftigt. In ihrem Vortrag wird sie einige ihrer jüngsten Projekte vorstellen und anhand dieser die ethischen Problemstellungen aufzeigen, die einerseits die Künstler*innen, andererseits die gesellschaftlichen und politischen Institutionen sowie die Bildungseinrichtungen betreffen, die strukturelle Gewalt kritisch infrage stellen aber zu gleich auch zu deren Erhalt beitragen. Güell wird nicht nur auf ihre künstlerische Strategien und ihre spezifischen Techniken eingehen, wie etwa das Zuhören oder die Arbeit mit verschiedenen Formaten der Begegnung. Sie wirft die Frage auf, wie eine neue Dynamik zwischen Publikum und “Kunstwerk” zu entstehen vermag, indem mit künstlerischen Mitteln hegemoniale Einschreibungen außer Kraft gesetzt und institutionelle Mechanismen offengelegt werden und aktiv Widerstand gegen die Kategorisierung von Identitäten geleistet wird. Selbst zum Teil des Problems zu werden ist letztlich die Grundvoraussetzung für jegliches bürgerschaftliche und künstlerische Engagement.


Prosopognasia
Vortrag von Shahram Khosravi

Thema des Vortrags ist der Grenzblick. An der Grenze ist der “Andere” einem Blick unterworfen, der in ihm/ihr nicht das Individuum sieht, sondern ihn/sie als Vertreter eines bestimmten “Typus” liest. Das Feld des Visuellen ist keineswegs neutral. Vielmehr liegt dem Blick ein hierarchisch ineinander verwobener Komplex aus Gender, Rasse und Klasse zugrunde. Der Grenzblick ist mithin nicht allein eine Angelegenheit des Sehens, sondern immer auch der Beurteilung und Interpretation. Der Blick auf den „Anderen“ verwandelt diesen in ein Objekt. Das Subjekt (der Schauende) verändert das Objekt (den Angeschauten) und leugnet seine oder ihre Individualität außerhalb der Vorstellung des Subjekts. Prosopagnosie, oder auch Gesichtsblindheit, bezeichnet die Unfähigkeit, Gesichter, selbst vertraute, wiederzuerkennen. Migranten werden gesehen, doch nicht erkannt. Sie werden aktiv ausgeblendet. Sie sind nicht Unsichtbare, vielmehr “Nicht-Gesehene”, werden bewusst nicht wahrgenommen, ausgeschlossen, übergangen. Shahram Khosravi beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Frage des Verhältnisses von Unsichtbarkeit/Nicht-gesehen-Werden und Othering.

Termine

Vergangen
So 5.3.2017, 18:00 / HAU2

Spielorte

HAU2
Hallesches Ufer 34, 10963 Berlin

Zwei markierte Parkplätze vor dem Haus vorhanden. Barrierefreie Sanitäranlagen vorhanden. Es stehen vier Relaxed Seats in der ersten Reihe des HAU2 zur Verfügung. Auch Tickets für Rollstuhlfahrer*innen und Begleitpersonen sind über das Ticketingsystem buchbar. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an unser Ticketing- & Service-Team unter +49 (0)30 259004-27 oder per E-Mail an
tickets@hebbel-am-ufer.de.

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