Mit: Maya Alban-Zapata
Im Rahmen von “Radical Mutation: On the Ruins of Rising Suns”
Im Anschluss: Gespräch mit Bárbara Santos, Pepetual Mforde Chiangong, Maya Alban-Zapata, Raphael Hillebrand und Label Noir (Lara-Sophie Milagro und Jonathan Kwesi Aikins)
Der Abend ist den Erzählungen Schwarzer, afrodiasporischer und afrikanischer Theaterschaffender gewidmet, die in Deutschland leben und arbeiten. Im Mittelpunkt stehen die Strategien und Aktionsfelder des Widerstands und der Befreiung in Kunst und Kultur, mit denen die vielfältigen Machtverhältnisse infrage gestellt werden. Das Verhältnis Schwarzer, afrodiasporischer und afrikanischer Darsteller zur deutschen Unterhaltungsindustrie wird bis heute von rassistischen und sexistischen Machtstrukturen bestimmt. Gleichzeitig sind die Bestrebungen, diese Strukturen aufzubrechen und Räume der Selbstbestimmung und der Solidarität zu schaffen, so alt wie die Unterhaltungsindustrie selbst. Im Zentrum des Abends steht mit Rasha eine auf Madagaskar geborene Schauspielerin, die in den 1920er-Jahren mit ihrem deutschen Ehemann auf dem Leopoldplatz-Jahrmarkt (Wedding) auftrat, der von Adolf Rautmann – besser bekannt als Onkel Pelle – betrieben wurde. Sie war berühmt für ihre Auftritte mit ihrer Boa constrictor, die unter dem Dach ihres Zirkuswagens hauste, und wurde von dem Maler Christian Schad in dem Doppelbildnis “Agosta, der Flügelmensch, und Rasha, die schwarze Taube” porträtiert. Schad zeigte in seinen Porträts häufig Menschen, die als Außenseiter und Freaks galten und an den gesellschaftlichen Rändern der Weimarer Republik lebten und arbeiteten. Das Fehlen von Rashas Nachnamen, den Schad bei den Porträtsitzungen nicht festhielt, spiegelt ein System wider, das dem weißen Blick diente und den afrikanischen und afrodiasporischen Akteuren ihre persönliche Würde nahm.
Vor allem die Geschichten der Schauspielerinnen werden in den Archiven oftmals an den Rand gedrängt, sodass ihre von sexistischen und rassistischen Machtstrukturen unterdrückte Stimme auch weiterhin nicht vernommen werden kann. Rita Doves Gedicht “Agosta, the Pigeon-Chested Man, and Rasha, the Black Dove” (1983) dekonstruiert das Verhältnis von Schad und Rasha, da nunmehr Rasha einen schonungslosen Blick auf Schad wirft. Inspiriert von dieser Umkehrung der Dynamik, sind an diesem Abend Schwarze Theaterschaffende eingeladen, ihre Erfahrungen in Deutschland zu schildern und sich mit dem historisch belasteten Verhältnis zwischen der Institution des Theaters und Schwarzen Akteur*innen in Deutschland auseinanderzusetzen. Wie könnte sich eine radikale Umkehrung des Blicks in der praktischen Theaterarbeit manifestieren? Wie könnte die deutsche Theaterpraxis auf radikale Weise die Perspektiven und Geschichten von Schwarzen Menschen und People of Color in den Mittelpunkt stellen und sie als Zuschauer*innen bedenken?
In dem Programm folgt auf eine Performance von Maya Alban-Zapata eine Diskussion mit Bárbara Santos, Pepetual Mforde Chiangong, Maya Alban-Zapata, Raphael Hillebrand und Label Noir (Lara-Sophie Milagro und Jonathan Kwesi Aikins).
Musikalischer Prolog: Lamin Fofana
Performance: Maya Alban-Zapata
Gespräch: Bárbara Santos, Pepetual Mforde Chiangong, Maya Alban-Zapata, Raphael Hillebrand und Label Noir (Lara-Sophie Milagro und Jonathan Kwesi Aikins)
Rita Dove: Auszug aus “Agosta, the Pigeon-Chested Man, and Rasha, the Black Dove”(1983):
He thought
of Rasha, so far from Madagascar,
turning slowly in place as
the boa constrictor
coiled counterwise its
heavy love. How
the spectators gawked, exhaling
beer and sour herring sighs.
When the tent lights dimmed,
Rasha went back to her trailer and plucked
a chicken for dinner
(...)
Ah, Rasha's
foot on the stair.
She moved slowly, as if she carried
the snake around her body
Always.
(...)
once
she brought fresh eggs into
the studio, flecked and
warm as breath
Agosta in
classical drapery, then,
and Rasha at his feet.
Without passion. Not
the canvas
but their gaze,
so calm,
was merciless.
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