Dank der Black-Lives-Matter-Bewegung und der jahrelangen, kontinuierlichen Arbeit zahlreicher Aktivist:innen gibt es momentan eine erhöhte Sensibilität für offensichtliche Formen des Rassismus in Deutschland. Weiter unter dem Radar laufen allerdings oft sowohl der Alltagsrassismus als auch das Streben nach einem strukturellen antirassistischen Wandel. MIMIMI Space ist ein experimentelles, interdisziplinäres Format, das einen Raum schafft für künstlerische Auseinandersetzung mit Rassismus, ein Laboratorium für Selbstreflexion und Heilung.
Ricardo de Paulas Werkzeug ist der zeitgenössische Tanz. Dementsprechend steht der Schwarze Körper mit der in ihn eingeschriebenen Geschichte, seinen Erinnerungen und Erfahrungen im Mittelpunkt des Projekts. Das Wissen um die historischen Ursprünge rassistischer Strukturen sowie der sie bedingenden Philosophien und Denkweisen schafft die Grundlage, nach vorne zu blicken. Mit dem Bewusstsein für die Vergangenheit und der Vision für die Zukunft befragt MIMIMI Space die Gegenwart.
Maßgebliche Inspirationsquelle für die Herangehensweise des Projekts ist der Quilombismo, ein Konzept der Solidarität. Abdias do Nascimento entwirft in seinem Essay “Quilombismo: An Afro-Brazilian Political Alternative” von 1980 das Idealbild einer alternativen freien, solidarischen und demokratischen Gemeinschaft, in der Schwarze ihre Freiheit und menschliche Würde wiederherstellen. Unter Rückgriff auf die historische Erfahrung der Quilombos argumentiert er, dass es überall Beispiele gelebter Solidarität gibt. Für MIMIMI Space entwickeln Künstler:innen, Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen in diesem Geiste gemeinsam künstlerische Formate, in die das Wissen aus den unterschiedlichen Bereichen einfließt und sich gegenseitig bereichert.
MIMIMI Space besteht aus zwei Teilen:
Der erste Teil findet vom 5.–7.12.2020 im HAU4 statt. Drei Begegnungen in verschiedenen Formaten – gemeinsames Essen, Performance, improvisierter Tanz – beleuchten unterschiedliche Perspektiven auf den Schwarzen Körper und setzen sie in Beziehung zueinander. Gerahmt werden die Veranstaltungen durch Filme und Objekte, die de Paulas künstlerische Arbeit dokumentieren. Auf immer neue Art und Weise weist er auf die Dringlichkeit der Auseinandersetzung mit Rassismus hin.
Im zweiten Teil des Projekts richtet die Tanzperformance “CLEANSE/NU” den Blick nach vorne: “CLEANSE/NU” imaginiert einen Zustand, in dem Schwarze Körper einfach sind, losgelöst von Normen, Konventionen, Stereotypen und Tabus, die bewusst und unbewusst für Schwarze Körper auf der Bühne und im Alltag gelten. Ziel dieser Arbeit ist es, den Schwarzen Körper als Subjekt zu stärken und das Sein und Werden in den Mittelpunkt zu stellen.
Produktion: Ricardo de Paula / MIFRUSH Production. Koproduktion: HAU Hebbel am Ufer. In Kollaboration: Grupo Oito und SAVVY Contemporary. Gefördert durch: Hauptstadtkulturfonds.