Kuratiert von Nedjma Hadj Benchelabi & Shaymaa Shoukry
Nach dem Launch im Jahr 2019 zeigt auch die zweite Ausgabe des Projekts “Un|controlled Gestures” 2022, kuratiert von Nedjma Hadj Benchelabi und Shaymaa Shoukry, Arbeiten junger Choreograf*innen und Tänzer*innen aus Ägypten, Libanon, Marokko, Tunesien sowie den palästinensischen Autonomiegebieten. Sie sind in Residenzen in Kairo und Berlin zusammengekommen, um neue Kreationen im Feld des zeitgenössischen Tanzes und dessen Schnittstellen zu anderen Kunstformen zu erarbeiten. Die Performances der beteiligten Künstler*innen gehen von privaten und kollektiven Erinnerungen aus, brechen eingefahrene Narrative auf und suchen nach einer neuen Sprache im Tanz, welche es vermag, die Vorstellungskraft zu beflügeln und so einen Prozess der Transformation anzustoßen. “Un|controlled Gestures” erforscht, wie zeitliche Phänomene durch Körpersprache ausgedrückt werden können. Im HAU3 werden neun Produktionen an drei Abenden als Work in Progress zu sehen sein.
Die erste Ausgabe 2019 bot jungen Tänzer*innen und Choreograf*innen aus den MENA-Ländern die Möglichkeit, neue Performances zu kreieren und zu präsentieren, die die Autonomie des Körpers und die soziale Kontrolle über den Körper in seinem politischen und wirtschaftlichen Kontext widerspiegeln. Das Projekt umfasste Residenzen und Treffen zwischen den Künstler*innen in Rabat und Kairo sowie eine Abschlusspräsentation im Februar 2020 in Tunis.
Programm
15.12.
Mehdi Dahkan “Subject to…”
Nermin Habib “Reclaiming”
Pause 15 Min.
Yara Boustany “The fingerdance of the timekillers”
16.12.
nasa4nasa “NO MERCY 2.0 / funeral”
Ziad Wallace “Plan B X”
Pause 15 Min.
Synda Jebali & Sara Dziriist “Black Hole”
17.12.
Abdullah Damra “My teeth are eroding while I sleep”
Aїda Jamal “TAMAT”
Pause 15 Min.
Lori Kharpoutlian “A Body in Waiting”
Die Tänzer*innen
Yara Boustany ist eine libanesische Performerin und Choreografin. “The fingerdance of the timekillers” ist eine performative Installation, die sich mit dem zwanghaften Drang aktiv die Zeit totzuschlagen auseinandersetzt: mit dieser rastlosen und rasend schnellen, jedoch sitzenden Tätigkeit die durch den gehetzten, minimalistischen Fingertanz des Swipens, Wischens und Scrollens charakterisiert wird.
Mehdi Dahkan ist ein marokkanischer Choreograf und Tänzer. Sein neues Solo “subject to obtaining a visa” porträtiert eine Person im Zustand des Festgehaltenseins und der Abhängigkeit von einer Antwort. Diese Performance handelt von Visa-Politik und ihrem Missverhältnis zum Menschenrecht auf Freizügigkeit.
Abdallah Damra ist ein palästinensischer Tänzer. In seinem aktuellen Projekt untersucht er Gesten und dekonstruiert sie bis ins Unleserliche. Er nutzt diese Gesten – unabhängig von ihrer tatsächlichen Bedeutung – als Werkzeug, um Bewegungen zu erforschen, die unmögliche Bedingungen ausdrücken.
Nermin Habib ist eine ägyptische Künstlerin, Philosophin, Choreografin und zeitgenössische Tänzerin. Ihr Solo “Reclaiming” reflektiert eigene Erfahrungen und Kindheitserinnerungen zum Konzept des persönlichen Raums in einer Umgebung, in der urbaner Wandel mit verheerender Wirkung in diesen eingedrungen ist.
Aїda Jamal ist eine zeitgenössische marokkanische Tänzerin und Psychologin, die durch den Tanz ihre eigene Identität ausdrückt. Sie will mit ihrer Performance “TAMAT” eine Diskussion über die sozialen, religiösen und kulturellen Lasten starten, die Frauen in unserer Gesellschaft tragen müssen.
Synda Jebali ist eine Performerin und Videokünstlerin aus Tunis. Als leidenschaftliche Bildgestalterin koproduziert sie mit ihrem urbanen Kunstkollektiv Videoclips für Künstler*innen, die sich der Reflexion und Aktion rund um Kunst im öffentlichen Raum widmen.
Sara Dziriist eine Künstlerin und DJ, die die elektronische Untergrundszene in Brüssel maßgebend mitprägt. 2019 gründete sie ein Partykollektiv, das sich für mehr Diversität in der belgischen Underground-Szene einsetzt.
“Black Hole” ist ein Dialog zwischen Jebali und Dziri. Gemeinsam erkunden sie ihre Erfahrungen mit dem Nachtleben und elektronischer Tanzmusik. Die imaginäre Welt, die auf der Tanzfläche geschaffen wird und der eine für die Rave-Szene typische Zeitlichkeit innewohnt, bereitet die Bühne für einen ehrlichen und verletzlichen Austausch zwischen den beiden durch Bewegung, Ton und Bild.
Lori Kharpoutlian ist eine Tänzerin und Architektin mit Sitz in Beirut. Das Projekt mit dem Arbeitstitel “A Body in Waiting” besteht aus einer Reihe von Überlegungen zur Politik des Wartens, wie sie sich in digitalen Algorithmen, wirtschaftlichen und politischen Strategien sowie dem Design verschiedener Haushaltsgegenstände manifestiert. Durch einen Prozess des Samplings und Nebeneinanderstellens wird darauf abgezielt, die zeitlichen, psychologischen und räumlichen Spannungen zu erforschen, die dieser körperliche Zustand erzeugt.
nasa4nasa ist ein ägyptisches Tanzkollektiv mit Sitz in Kairo, das 2016 von Noura Seif Hassanein und Salma Abdel Salam gegründet wurde. Mit dem Projekt “NO MERCY 2.0/ funeral” ergründen nasa4nasa das Innere ihres imaginierten Lebens nach dem Tod, die Folgen dessen, was sie in “NO MERCY” greifbar gemacht haben. Sie schaffen eine Symbiose des Jenseits, ein imaginäres Zusammenspiel aus Hoffnung und Zweifel, Vergehen und Werden, eine beinerne Vorstellung vom Leben danach.
Ziad Wallace ist ein zeitgenössischer Hip-Hop-Tänzer und Performer aus Alexandria. Seine Soloperformance “(Plan B X)” drückt das Wechselspiel von widersprüchlichen mentalen Zuständen aus. Zum Beispiel der Panik, die durch die Ungewissheit und Unfähigkeit zu bestimmen, was man fühlt, verursacht wird.
Die Kuratorinnen
Shaymaa Shoukry ist eine multidisziplinäre Künstlerin mit einem Hintergrund in bildender Kunst, die für ihre Werke unterschiedliche künstlerische Disziplinen miteinander verwebt. Choreografieren, Performen und Erstellen von Video-Kunst sind ihre große Leidenschaft. Was sie motiviert und inspiriert, ist das gemeinschaftliche Arbeiten, ihre eigenen Werke bauen organisch aufeinander auf, jedes Projekt bereitet den Weg für das nächste. Shoukry liegt derzeit viel daran, den Ursprung von Bewegung, Wiederholung und Wandlung zu ergründen, immer mit der Frage im Hinterkopf, wie ihr künstlerisches Schaffen einem diversen Publikum nahegebracht werden kann. In dieser zweiten Edition von “Un|controlled Gestures” ist shoukry Co-Kuratorin und freut sich, den kreativen Prozess der teilnehmenden Künstler begleiten zu dürfen.
Nedjma Hadj Benchelabi, Kuratorin und Dramaturgin, ist in Algier geboren und in Brüssel ansässig. Sie ist Mitglied der Theatergruppe Dito’Dito Brüssel. Seit 2014 ist sie stellvertretende Kuratorin von “On Marche”, dem internationalen Festival für zeitgenössischen Tanz in Marrakesch. Benchelabi ist Kuratorin und Dramaturgin der Projekte “Halaqat” und “Un|controlled Gestures”, die jeweils vom Goethe-Institut initiiert wurden, sowie künstlerische Leiterin des Mahmoud Darwish Chairs (Bozar, Brüssel). Sie setzt sich dabei insbesondere für die Förderung der zeitgenössischen Literatur und darstellenden Kunst aus der MENA-Region ein.
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Im Anschluss an die Vorstellung am 17.12.: Dance with us! Party im CAN mit Marwan Hawash / Eintritt frei
Lesen Sie auf HAU3000 ein Interview mit den Kuratorinnen Nedjma Hadj Benchelabi und Shaymaa Shoukry
Eine Initiative des Goethe-Instituts in Zusammenarbeit mit dem HAU Hebbel am Ufer.
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