Frontex und Stacheldraht: Europa macht dicht. Im Südosten übernimmt diese Aufgabe jener Fluss, den die Griechen Evros und die Türken Meriç nennen. Unzählige Tote sind in den letzten Jahren an seine Ufer geschwemmt und auf einem “Friedhof der illegalen Einwanderer” begraben worden. Mittlerweile schotten meterhohe Zäune und Minenfelder die EU-Außengrenze ab und lenken die Flüchtlingsströme wieder Richtung Mittelmeer. Zugleich ist dieses militärische Sperrgebiet ein Vogelparadies, es handelt sich um das antike Thrakien. Der griechischen Mythologie zufolge trieb im Evros einst der Kopf des Orpheus – die erzürnte Gefolgschaft des Dionysos hatte ihn zerissen, nachdem Orpheus der Unterwelt entstiegen war. Nun kehrt er dorthin zurück und wird zum glücklosen Schlepper, denn der Weg nach Europa führt ins Totenreich. Inspiriert von Monteverdis Oper “L’Orfeo” verschmilzt das internationale Künstlerkollektiv andcompany&Co. nicht nur Mythologie und Musik, sondern auch dokumentarisches Material und namenlose Schicksale zu einer neuen, alten Geschichte: Ein Mythos prallt auf die Realität – und der zerrissene Leib des Orpheus stößt auf die anonymen Toten an Europas Grenzwall.
"Kleine Geschichte der Fluchthilfe" von Florian Schneider
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Produktion: andcompany&Co. Koproduktion: HAU Hebbel am Ufer, steirischer herbst festival (Graz), Hippodrome Scène nationale de Douai / Tandem Douai-Arras, Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt/Main), FFT (Düsseldorf), Ringlokschuppen Ruhr (Mülheim an der Ruhr) und Theater im Pumpenhaus (Münster). Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.