Moderation: Frédéric Pouillaude
Im Rahmen von “Violence of Inscriptions”
Walter Benjamins Aufsatz “Zur Kritik der Gewalt” lässt sich als “philosophische Performance” lesen, die sowohl die ideologische Komponente als auch die körperlichen Ausprägungen der Gewalt und ihrer Anklänge an Zwang und Macht durchdringt. Am Beginn des Textes steht eine Kritik in der Tradition Kants, aus der sich schrittweise ein selbstreflexives Szenario des Widerstands und Protests entwickelt, wobei Benjamin sowohl klassische Texte als auch neuere Narrative und Entwicklungen des formalen und juristischen Diskurses aufgreift. Als Reaktion auf das umfassende Scheitern der rationalen/traditionellen Kritik beschäftigt sich Benjamin im zweiten Teil des Aufsatzes einerseits mit der “mythischen Gewalt” – wofür die zu Stein gewordene Niobe steht, mit der sich Antigone vor ihrem Tod vergleicht –, andererseits mit der “göttlichen Gewalt”, für die er auf die biblische Schilderung von Korah und seiner Rotte zurückgreift, die ausgelöscht werden, weil sie sich gegen Moses’ priesterliche Autorität auflehnen.
Als ein mögliches Vorbild von Benjamins Auseinandersetzung mit der Gewalt sieht Rokem Kafkas Parabel “Vor dem Gericht”, in der dem Mann vom Lande bis zum Ende jegliche Gewissheit und Einsicht verwehrt bleiben. Von der Gewalt lässt sich nur im Rahmen einer Erzählung sprechen, in der die im Benjaminschen Begriff der “Darstellung” verborgenen Spannungen und Wechselwirkungen zwischen den Gesten der Präsentation und der Repräsentation allmählich zum Vorschein kommen. Wie in Kafkas Parabel sind alle Versuche des Verstehens letztlich zum Scheitern verurteilt.
Moderation: Frédéric Pouillaude
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