„Den Zuschauer, nicht das Leben, zeigt die Kunst im Spiegelbilde.“
Oscar Wilde: Das Bildnis des Dorian Gray
„Creation“ und Schöpfung ist das Reich von Göttern und Künstler*nnen, die durch eigenen Willen und mit bloßen Händen Schönheit (er)schaffen. Aber wer bestimmt, was schön ist? Und welche verborgenen Machtmechanismen sind in der Dreiecksbeziehung zwischen Künstler*in, Kunstwerk und Betrachter*in am Werk?
Die Künstler*innen des Gob SquadArts Collective, die seit nunmehr 25 Jahren die Theater der Welt bespielen, sind in einem Alter angekommen, das sie getrost als „middle aged“ bezeichnen, und noch besteht kein Verlangen danach, die Bühne zu verlassen. In „Creation (Pictures for Dorian)“ treffen sie auf eine Gruppe lokaler Performer*innen der jeweils älteren und jüngeren Generation. Mit dem Ziel, gemeinsam in und hinter den Spiegel der Eitelkeiten zu blicken, setzen sie sich gegenseitig in Szene und entwerfen Bilder zu Fragen von Schönheit, Moral, Altern und Macht - und hinterfragen, warum sie alle den Blick der Öffentlichkeit so sehr begehren.
„Creation (Pictures for Dorian)“ ist inspiriert von Oscar Wildes Romanfigur Dorian Gray, der in den Bereich des Göttlichen eingreift: Ein verwunschenes Porträt altert anstelle seiner selbst und zeigt die Spuren moralischer Fehltritte. Dorian dagegen bleibt ewig jung, schön und makellos — zahlt dafür jedoch mit seiner Seele. Die Erzählung über den narzisstischen Hedonismus von Dorian Gray und seinen unvermeidlichen Untergang scheint unser bio-politisches Zeitalter voraus zu ahnen, in dem wir in der Lage sind, unsere Identitäten und Körper mit entsprechenden Medikamenten und Hormonen beliebig zu gestalten, manipulieren und wie ein Designobjekt zu formen: der Körper als ultimatives Artefakt der kapitalistischen Lebensphilosophie. Etwas von Dorian Gray steckt sicher in allen von uns - aber wohin damit, wenn wir nicht mehr im Rampenlicht stehen? Was, wenn uns keiner mehr sieht? Sind wir dann überhaupt noch da?